Die Zahl der Betreuungsverfahren hat sich in den vergangenen 20 Jahren auf ca. 1,3 Millionen (31.12.2015) mehr als verdoppelt. Trotz eines leichten Rückgangs seit 2013 wird die Zahl der Betreuten weiter zunehmen. Dies ist angesichts einer alternden Gesellschaft mit räumlicher Auftrennung des Familienverbandes unvermeidbar. Die meisten Betreuten sind an Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz erkrankt. Die weiter steigende Zahl von Betreuten führt immer wieder zu Gesetzesänderungen. Vor kurzem ist am 22.07.2017 ein Gesetz zur Ermöglichung von ärztlichen Zwangsmaßnahmen bei Betreuten in Kraft getreten. Weitere Reformen sind zu erwarten.
Viele Zahnärzte behandeln Betreute. Oft sind die Unsicherheiten in rechtlicher Hinsicht groß. Hilfsbedürftige Personen sind im Rechtsverkehr besonders geschützt. Das Gericht ordnet eine Betreuung an, wenn der Betreute wegen Krankheiten oder Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann, § 1896 BGB. Rechtsgeschäftliche Erklärungen von Geschäftsunfähigen sind nichtig, § 105 BGB. Zwar bedeutet die Anordnung einer Betreuung nicht zwangsläufig die Geschäftsunfähigkeit des Patienten und damit die Unwirksamkeit des Behandlungsvertrages. Allerdings muss der Zahnarzt bei Anordnung einer Betreuung damit rechnen, dass die Rechtsgeschäfte des Patienten nichtig sein können. Rechtsrisiken kann der Zahnarzt nur durch die frühzeitzeige Beteiligung des Betreuers vermeiden.
Rechnungsschuldner ist grundsätzlich der Patient
Der Betreuer ist grundsätzlich nicht selbst der Schuldner der Honorarforderung, sondern der Patient, vertreten durch den Betreuer. Der Betreuer ist vergleichbar mit einem Bevollmächtigten, der im Namen seines Schützlings auftritt. Es wäre also unzutreffend, wenn Sie angeben würden, dass die Forderung gegenüber dem Betreuer bestünde.
Betreuungsausweises vorlegen lassen
Sobald Sie Anhaltspunkte für eine Betreuung erkennen, ist es wichtig, dass Sie sich immer den Betreuungsausweis bzw. die Bestallungsurkunde des Betreuungsgerichts vom Betreuer vorlegen lassen. Nur so können Sie prüfen, ob eine Betreuung für alle Rechtsgeschäfte/Handlungen des Patienten (sog. Totalbetreuung) oder nur für einzelne Aufgabenkreise angeordnet wurde. Überdies können Sie nur so feststellen, ob ein Einwilligungsvorbehalt (umgangssprachlich als „Entmündigung“ bezeichnet) vorliegt oder nicht, siehe unten.
Ein Betreuungsausweis kann z.B. folgenden Inhalt haben.

Einschlägige Aufgabengebiete: „Sorge für die Gesundheit“ oder „Vermögenssorge“
Liegt keine Totalbetreuung vor, kommt es auf die im Betreuungsausweis angegebenen Aufgabenkreise an. Für die zahnärztliche Tätigkeit und deren Vergütung sind im Wesentlichen zwei Aufgabengebiete relevant: Zum einen die „Sorge für die Gesundheit“ und zum anderen die „Vermögenssorge“.
Steht eine dieser beiden Aufgabengebiete unter Betreuung, sollte der Betreuer die Dokumente, insbesondere die Kostenpläne, als Vertreter mitunterschreiben. Es handelt sich um Erklärungen, sie sowohl gesundheitsmäßige als auch finanzielle Auswirkungen haben. Eine Besonderheit besteht in dem (seltenen) Fall, dass zwar eine Vermögenssorge, aber keine Gesundheitssorge angeordnet wurde. Hier müssen Sie zusätzlich das Einverständnis des Patienten zur Beteiligung des Betreuers bei medizinischen Sachverhalten einholen und dokumentieren- bestenfalls durch eine Schweigepflichtsentbindungserklärung.
Besondere Vorsicht bei Einwilligungsvorbehalt
Besonderes Augenmerk ist für den Zahnarzt auch erforderlich, wenn das Gericht die Betreuung unter Einwilligungsvorbehalt angeordnet hat, § 1903 BGB. Dann kann der Patient alleine keine Geschäfte mehr wirksam abschließen, sondern nur sein Betreuer für ihn. Bei Einwilligungsvorbehalt ist jede Erklärung des Patienten ohne Zustimmung des Betreuers (schwebend) unwirksam.
Verweigert der Betreuer bei gegebenem Einwilligungsvorbehalt und einschlägigem Aufgabengebiet seine Genehmigung, so sind rechtsgeschäftliche Erklärungen des Patienten anlässlich der Behandlung (endgültig) nichtig. Ist kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, heißt das aber nicht automatisch, dass die Erklärungen des Patienten wirksam sind. Vielmehr muss bei Bestreiten der Forderung ggfs. in einem Gerichtsverfahren durch ein teures Sachverständigengutachten geklärt werden, ob der Patient geschäftsunfähig war oder nicht. Darauf, ob der Zahnarzt die Geschäftsunfähigkeit bzw. die Betreuung kannte, kommt es nicht an.
Fazit
Achten Sie darauf, dass Sie bei Anhaltspunkten für eine Betreuung umgehend nachfragen. Stellt sich anhand des Betreuungsausweises heraus, dass eine Totalbetreuung bzw. einschlägige Aufgabengebiete („Sorge für die Gesundheit“, „Vermögenssorge“) gegeben sind, sollte der Betreuer zur Vermeidung von Rechtsrisiken in die Behandlung eingebunden werden. Achten Sie darauf, dass sie beispielsweise Kostenvoranschläge immer (auch) vom Betreuer unterschreiben lassen. Denken Sie an eine Schweigepflichtsentbindungserklärung, sofern ausnahmsweise keine Gesundheitssorge angeordnet ist. Der Betreuer muss beteiligt werden, wenn sich aus dem Betreuerausweis ergibt, dass zusätzlich ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist.
Michael Wagner, M.B.L.T.
Rechtsanwalt
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