Ärzte und Zahnärzte sollten Verpflichtungserklärungen mit ihren Dienstleistern ergänzen!
Ohne Beteiligung der Gesundheitswirtschaft ist das „Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen“ am 09.11.2017 in Kraft treten. Ärzte und Zahnärzte sollten schnellstmöglich ihre Dienstleister schriftlich belehren, um eine eigene Strafbarkeit zu vermeiden.
Schon bisher macht sich ein Arzt oder Zahnarzt nach § 203 Absatz 1 des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar, wenn er unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm in beruflicher Eigenschaft anvertraut oder sonst bekannt geworden ist. Adressat dieser Vorschrift sind nach allgemeiner Meinung auch die Mitarbeiter eines Zahnarztes oder Arztes. Ungeklärt war bislang, ob ein Arzt einen Dienstleister beauftragen darf, der geheimhaltungsbedürftige Informationen eines Arztes oder Zahnarztes einsehen kann. Zu denken ist etwa an einen IT-Dienstleister, der die EDV der Praxis wartet. Auch Unternehmen, die Akten archivieren oder vernichten oder ein Dienstleister, der zu bestimmten Urzeiten die Telefonanrufe von Kunden entgegennimmt, kann geheimhaltungsbedürftige Information in Erfahrung bringen. Mit dem neuen § 203 StGB wird diese Regelungslücke geschlossen. Ärzte und Zahnärzte können ohne jedes Risiko ab sofort auch dritte Dienstleister beauftragen.
Neu und wichtig für jeden Arzt und Zahnarzt ist, dass er sich strafbar machen kann, wenn er den Dienstleister nicht ordnungsgemäß zur Geheimhaltung verpflichtet. Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen wird zugleich das Berufsrecht der Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater geändert. Für den medizinischen Bereich fehlt es an einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Es steht zu erwarten, dass die Länder entsprechende Änderungen des Berufsrechts durchführen werden, die sich in formaler Hinsicht an den Vorgaben der anderen freien Berufe orientieren werden.
Ärzte und Zahnärzte sollten vorsichtshalber nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes Verpflichtungserklärungen mit ihren Dienstleistern abschließen, die sich an den Berufsordnungen der Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer orientieren. Diese Berufsordnungen, die mit dem Gesetzentwurf ebenfalls geändert werden sollen, verlangen in der neuen Fassung, dass
a. der Dienstleister sorgfältig ausgewählt wird.
b. die Verpflichtungserklärung der Textform bedarf,
c. der Dienstleister unter Belehrung über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zur Verschwiegenheit verpflichtet wird,
d. er sich nur insoweit Kenntnisse von fremden Geheimnissen verschaffen darf, wie dies zur Vertragserfüllung erforderlich ist
e. und festgelegt werden muss, ob der Dienstleister befugt ist, weitere Personen zur Erfüllung des Vertrages heranzuziehen; für diesen Fall ist dem Dienstleister aufzuerlegen, diese Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten.
f. Bei Beauftragung von Dienstleistungen, die im Ausland erbracht werden, darf dem Dienstleister der Zugang zu fremden Geheimnissen nur dann ermöglicht werden, wenn der im Ausland bestehende Schutz der Geheimnisse mit dem im Inland vergleichbar ist.
Das neue Gesetz soll nach dem Entwurf am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten, d.h. es sind keine Übergangsfristen vorgesehen.
Rechtsanwalt Dr. Klemens Werner
Anhang: Wortlaut des neuen § 203 StGB Verletzung von Privatgeheimnissen
(1)Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als
- Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
- Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung
- Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft,
- Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist.
- Mitglied oder Beauftragter einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
- staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder
- Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) …
(3) Kein Offenbaren im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen Geheimnisse den bei ihnen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen zugänglich machen. Die in den Absätzen 1 und 2 Genannten dürfen fremde Geheimnisse gegenüber sonstigen Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Personen erforderlich ist; das Gleiche gilt für sonstige mitwirkende Personen, wenn diese sich weiterer Personen bedienen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der in den Absätzen 1 und 2 Genannten mitwirken.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm bei der Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Tätigkeit als mitwirkende Person oder als bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen tätiger Beauftragter für den Datenschutz bekannt geworden ist. Ebenso wird bestraft, wer
- als in den Absätzen 1 und 2 genannte Person nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind,
- als im Absatz 3 genannte mitwirkende Person sich einer weiteren mitwirkenden Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, bedient und nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, oder
- nach dem Tod der nach Satz 1 oder nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichteten Person ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart, das er von dem verstorbenen erfahren oder aus dessen Nachlass erlangt hat.
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